Vor einigen Jahren habe ich mal eine Kritik von In & out Veröffentlichungen auf LP geschrieben. Für welche Zeitschrift weiss ich nicht mehr - Analogue Forum ???.
Vielleicht möchte doch jemand das lesen??
Buster Williams: Something more
Vielleicht möchte doch jemand das lesen??
Buster Williams: Something more
In & Out Records IOR 7004-1
Shunzo Ohno tp / Wayne Shorter ts,ss /
Herbie Hancock p,keyboards / Buster Williams b / Al Foster dr
Air dancing / Christina / Fortune dance
/ Something more / Decepticon / Sophisticated lady / CD only: I didn't know
what time it was (14:28)
rec. Van Gelder Studio, NJ 8.+9.3.1989
Time: 44:07
prod. Buster Williams
Bisher kannte ich Buster Williams
lediglich als soliden, kompetenten Bassisten, der sich von den Zwängen des
reinen Taktgebens befreit hat und unzähligen Formationen insgeheim seinen
Stempel aufgedrückt hat. (Sie werden erstaunt sein, bei wie vielen LP's Ihrer
Sammlung der Bassist Buster Williams heißt!) Hier beweist er, daß er daneben
auch ein eigenständiger Komponist ist. Kennzeichnend dafür ist auch die
Zurückhaltung von Wayne Shorter - selbst ein Viel-Schreiber und von Herbie
Hancock. Die Titel geben Zeit, sich in die Kompositionen zu vertiefen, sind nie
langweilig, keiner der Solisten spielt sich egozentrisch in den Vordergrund. Zuhören
wollen und können alle Beteiligten, sollten auch die Hörer. Wer's nicht mehr
kann im Zeitalter von Clips und Chips, hat die Chance es wieder zu lernen. Sie
bzw. er muß nur "Something more"auflegen.
Über das Studio und die Qualität des
früheren Optikers Rudy van Gelder ist genug geschrieben worden. Excellent, warm
und weich sind die Attribute, auch der Klangteppich des Keyboards bereitet
keinerlei Probleme. Die Substantive Druck und Durchsichtigkeit beschreiben das
Klangbild meiner Ansicht nach am besten. Herzlichen Glückwunsch zur Produktion
und "Etwas Mehr" bitte!
Roots:
Saying Something
In & Out Records IOR 77031-1
Arthur Blythe as / Nathan Davis ts,ss /
Chico Freeman ts,ss / Benny Golson ts / Kirk Lightsey p / Buster Williams b /
Ed Thigpen dr
Lester left town / Samba for now /
Night dreamer / Ballads for Trane: It’s easy to remember - Soul eyes - You
leave me breathless - In a sentimental mood - How deep is the ocean / Heaven
dance / Toku-du / Lester leaps in / LP only: Free again (9:00)
rec. Live at Muddy’s Club, Weinheim, D
14.6.1995
Time:
76 min
prod. Mike Hennessey
Dies ist eine weitere Veröffentlichung
der Gruppe Roots, die den großen Saxophonisten des Jazz gewidmet ist. (auch die
andere erschien unter dem Titel "Stablemates" bei In & Out). Es
wäre sicher verführerisch gewesen, die bekannten Stücke Note für Note
nachzuspielen. Dieser Gefahr nähern sich alle Tenöre in keinem der Titel.
Jedesmal werde neue "Stories" erzählt. Der musikalische und soziale
Background der Beteiligten ist ja auch nicht nur später, sondern auch anders
angesiedelt. Die Live-Aufnahme offenbart die elektrisierende Stimmung, die
zwischen den Musikern und dem Publikum in dem kleinen Club in Weinheim
geherrscht hat. Alle Themen wurden bereits in anderen Formationen in den
letzten 60 Jahren aufgenommen; hier gewinnen sie durch das Pfeffer und die
Eleganz in den Improvisationen - und natürlich auch die unwöhnliche
Klangkombination mit 4 Saxophonen. Keiner hat Zeit zur Ausruhen, alle verlangen
sich das Höchste ab und heraus kam eine kraftvolle, bodenständige (Roots!) aber
nie plagiatenhafte Platte. Es liegt nahe, John Coltrane, Benny Golson, Charlie
Rouse, George Adams und Wayne Shorter die Referenz zu erweisen. Welchen
Saxophonisten wird bei der nächsten Produktion gehuldigt?
Woody
Shaw: In your own sweet way
In & Out Records IOR 7003-1
Woody Shaw tp,flh / Fred Henke p / Neil
Swainson b / Alex Deutsch dr
The organ grinder / In your own sweet
way / The dragon / Just a ballad for Woody / Sippin’ at bells / Estate / CD
only: Joshua C. (13:32)
rec. Live at Bazillus, Zürich,CH
7.2.1987 und Mühle Hunzigen, Rubigen, Bern,CH
8.2.1987
Time: 49:04
prod. Frank Kleinschmidt
Eine Frage kann nie bis heute - fast 10
Jahre nach seinem tragischen Tod - niemand beantworten: 1970 mit 25 Jahren zum
größten Trompeter-Talent von den Kritikern im Down Beat gekürt, mehr als 20
Jahre aktiv in allen Clubs und Festivals der Welt, mitgewirkt bei mehr als 100
LP's und immer noch ein "Musicans' Musican? Ein paar mediengerechte Assessoires
haben gefehlt: Wenn er vielleicht besser gleichzeitig ein Schuh- oder
Modefetischist gewesen wäre, wie ein anderer erfolgreicherer Trompeter? Diese
LP - live im wiedereröffneten Bazillus mitgeschnitten - ist nicht die erste,
meiner Ansicht nach aber die beste - die beweist, daß Inspiration und
Einfallreichtum gepaart mit einer Supertechnik eben doch allein nicht
ausreicht, um dem breiten Jazzpublikum den Griff in die Geldbörse zu
erleichtern. Liest man auf der Coverrückseite die begeisterten Kritiken der
Musiker von Miles bis Dizzy und hört dazu die gelungene Mischung aus Standards
und Eigenkompositionen, wird der Verlust, den die Jazzgemeinde mit dem Tod von
Woody Shaw erlitten hat, erst richtig bewußt. Leider war er eben keine
"voice of the future", wie Dizzy enthusiastisch ausgerufen hat. Von
den Titeln und den Musikern möchte ich bewußt keinen herausheben. Alles ist
geschlossen aus einem Guss; dazu paßt auch die Superpressung der LP. Die CD
liefert einen weiteren Titel, eine weitere "story", von denen Woody
Shaw in jedem Konzert ein ganzes Dutzend abgeliefert hat. Von welchem anderen
Trompeter kann man das sonst noch sagen?
Karl
Berger: Conversations
In & out Records IOR 77027-1
Karl Berger p,vib + Carlos Ward as,fl /
Dave Holland b / Mark Feldman violin / Ray Anderson tb / Ingrd Sertso voc /
James Blood Ulmer g
At last / Presently / Loverman / Bemsha
swing / Why is it that it’s not / North / Out there alone / St.Thoms / Still /
Another / South / Freedom - Getting there
rec. Tedesco Studio, NJ 11.-14.3.1994
Time: 71:02 Do-LP
prod. Karl Berger & Frank
Kleinschmidt
"Konversation" ist meiner
Ansicht nach zuwenig gesagt. "Kommunikation" und zwar nicht digital
und ohne neue Medien ist bei diesem Doppelalbum die Parole. Karl(-Hanns)
Berger, einer der wenigen deutschen Musiker, der in der US-Scene Fuß fassen
konnte, ist zurückgekehrt und hat sich fulminant zu Wort, besser gesagt zum Ton
(Klavier oder Vibraphon) gemeldet. Das Woodstock Workshop Orchester mit seinen
Weltmusik Anklängen und türkischen vertrackten Rhythmen bei seiner
Europatournee 1979 kennzeichnete den einen Pol seiner musikalischen Vielfalt,
diese Duo-Begegnungen sind für mich mindestens genauso aussagekräftig. Er hat
sich ja auch mit Partnern/Partnerinnen umgeben, die den Kompositions- und
Rhythmusideen nicht blind folgen, sondern Gegenstimmen, andere Pointierungen entwickeln.
Dies fällt besonders bei den Eigenkompositionen ins Gewicht, worauf Karl Berger
in allen Plattenproduktionen (nach meiner Schätzung etwa 50 an der Zahl) immer
mehr Wert gelegt hat als auf das Wiederkauen von Standards. Seine eigenen
Worte: "Das großartige an Duetten ist, wenn man 3 oder 4 mal richtig
zuhört, stellt man fest, was innerhalb der Musik passiert" belegen, wie
wichtig ihm diese kommunikative Kleinformation ist, wieviel sie aber auch vom
Hörer abverlangt. Muzak-Musik ist das sicher nicht, eher eine willkommene
Abwechslung im Hard-Bop-Einheitsbrei der 90-iger Jahre. Der Firma In & out
Records sollte man durch den Kauf dieser sehr feinfühlig aufgenommenen Musik
Mut für weitere ähnliche Produktionen machen. Und hoffentlich werden diese auch
in Zukunft auf so sauberem Vinyl veröffentlicht.
Art
Blakey’s Jazz Messengers: The Art of
Jazz
In & Out Records IOR 77028-1
Art Blakey dr + Terrence Blanchard tp /
Freddie Hubbard tp / Brian Lynch tp / Frank Lacy tb / Curtis Fuller tb / Donald
Harrison as / Jackie McLean as / Javon Jackson ts / Benny Golson ts / Wayne
Shorter ts / Geoff Keezer p / Walter Davis jr. p / Buster Williams b / Roy
Haynes dr / Michele Hendricks voc
Two of a kind / Moanin’ / Along came
Betty / Lester left town / Mr.Blakey / Drum duo / Blues march / Buhaina’s
valediction / Interview
rec. Leverkusen, D 9.10.1989
Time: 60:38 + Interview 12:49
prod. Mike Hennessey
Ein echtes "Work of love" für
Missus Blakey only bambini "Arturo" aus Pennsylvania. Eine
Geburtstagfeier, bei der der Gefeierte mitarbeiten muß? Oder ist das etwa keine
Arbeit gewesen, was der immer gut gelaunte uns in den letzten 50 Jahren in die
Ohren getrommelt hat? Ich werde für den Rest meines Lebens nie vergessen, wie
selbstverständlich er mir ein Plattencover mit seiner Unterschrift vergoldet
hat, dabei auf seinem Bett sitzend seinen Sohn streichelte, darauf wartend, daß
endlich der Frank Kleinschmidt, zu der Zeit noch im Tourmanagement aktiv, die
drums anbringe, daß er loslegen könne! (Wieviel goldene Schallplatten hätte er
wohl verdient, wenn man die Tausende von Schlagzeuger im Pop, Soul und Jazz
zählen würde, die ohne ihn Paiste mit einer Pasta, high-hats mit Zylindern
verwechseln und eine Cymbal für eine türkischen Messingpfanne halten würden?)
Dank In & Out und dem Kritiker und
Produzenten Mike Hennesey kann man in alle Ewigkeit die Geburtstagsfeier beim
Leverkusener Festival nacherleben. Bereichert noch um ein Interview. Die Zahl
der gratulierenden Musiker hätte eigentlich so groß sein müssen wie die Zahl
der ZuhörerInnen, soviele Jazzmessengers gab es zwischen 1953 und 1989. 99% von
ihnen haben erfolgreich Karriere gemacht - welcher andere Bandleader kann das
von sich sagen? "Hard-bop" bedeutete bei Blakey auch immer
"Hard-school".
Das umfangreiche Booklet mit dem
gekonnt formulierten Text von Mike Hennessey sollte man in einer ruhigen Stunde
genießen, damit die Musik keine Ablenkung erfährt. Ein teures, ein wertvolles
Tondokument, dem zu wünschen ist, daß es in viele Privat-Sammlungen und
öffentliche Bibliotheken Einlaß findet.
Lucas
Heidepriem Voicings
In & Out Records 7011-1
Lucas Heidepriem tb / Uli Möck
p,keyboards / Karo Höfler b / Martin Hug dr
Giovanni / When elephants fall in love
/ Never did it / Voicings / Stella by starlight / Jazz oder später / For Albert
rec. Carlren Studios, Freiburg,D 1991
Time: 48:44
prod. Frank Kleinschmidt
Dass die Firma IN & Out die
"Regio Dreyeckland" nicht vergessen hat, beweist die LP mit einem der
3 Musiker-Söhne des Pianisten Waldi Heidepriem (erinnert sich noch jemand an
die Modern Jazz Group Freiburg? Ich suche deren EP immer noch für meine
Sammlung!). "Voicings" als Überschrift für eine Posaunen-LP ist
sicher eine gewagte Akzentuierung bei einem Instrument, was nicht gerade für
eine große Stimmungsbandbreite eine Garant sein kann. Das Versprechen wird mehr
als eingelöst! Der große Albert Mangelsdorff läßt grüßen und sein mehrstimmiges
Spiel wird im Posaunenchor (Overdub) nachgebildet. Mit seiner ersten (bisher
einzigen?) LP beweist Lucas Heidepriem jedoch, daß er nach den Lehr- und Wanderjahren
gelernt hat, auf die eigene Fähigkeiten zu bauen. So gelingt ihm mühelos selbst
die Rückführung des Standards "Stella" auf das ursprünglich in der
Komposition vorgegebene langsame Tempo. Ein Vergleich LP - CD muß entfallen:
Die LP ist satt und sauber ohne Knistern und Knacken und fordert das
Hörerlebnis im High-End-Format geradezu heraus.
Chico
Freeman: Sweet Explosion
In & Out Records IOR 7010-1
Chico Freeman ts,ss,synthophone, IVL
Pitchrider / Delmar Brown keyboards,p,voc / Norman Hedman perc / Alex Blake
b,e-b / Tommy Campbell dr
Peaceful heart / Exotic places / Afro
tang / My heart / Pacifia I,II & III / CD only: Read the signs (10:37) / On
the Nile (12:06)
rec. Ronnie Scotts, London, GB April 1990
Time: 51:15
prod. Chico Freeman & Norman Hedman
Ich muß zugeben, die Besprechung dieser
LP hat mir von allen die größte Mühe bereitet: Nicht weil Chico Freeman
musikalische Defizite hätte, nicht weil die Begleiter ihr Handwerkszeug nicht
beherrschen würden und auch nicht, weil die LP technische Mängel aufweisen würde.
Weil mir Alles zu glatt daherkommt. Es fehlen die spitzen Ecken, das, was mit
Expressivität, mit Individualität umschrieben wird. Meine Erwartungen sind bei
einem Saxophonisten diesen Kalibers vielleicht zu hoch, warum soll er nicht mit
Eingängigem, mit Ohrwürmern ohne Windungen und Spiralen die Kids zum Jazz-Hören
und -Entdecken bringen? Bildlich ausgedrückt: Stellen Sie sich eine
DNA-Doppelhelix vor, die in die Länge gezogen, ihre Mehr-Dimensionalität
verloren hat und Sie kennen den Weg von Chico's India Navigation LP von 1977
bis zu "Sweet Explosion von 1990.
Vielleicht ist es eine Frage des Alterns: aber ich fühle mich nicht auf
ein anderes "level" gehoben, wie in den liner-notes versprochen wird.
Technisch gibt es auch hier nichts auszusetzen, auf die 2 zusätzlichen Titel
der CD muß der Analog-Freak verzichten. Rundherum sicher die eingängiste aller
IN & OUT Produktionen!
Nat
Adderley Quintet: We Remember Cannon
In & Out Records IOR 7012-1
Nat Adderley cornet / Vincent Herring
as / Art Resnick p / Walter Booker b / Jimmy Cobb dr
I’ll remember April / Unit 7 / Talkin’
about you, Cannon / Work song / Soul eyes / Stella by starlight / CD only:
Autumn leaves (13:51)
rec. Live at the Moonwalker Club,
Aarburg,CH 18.11.1989
Time:
52:23
prod. Mike Hennessey
Es ist sicher ein gewagtes Unterfangen,
eine Formation unter dieser Flagge zusammenzustellen und zu präsentieren:
Julian "Cannonball" ist durch Nichts und Niemanden zu ersetzen. Auch
wenn dieser "Niemand" die Kraft, den Einfallsreichtum, die
Spontanität und die technische Brillianz eines Vincent Herring aufweist. Aber
sicher haben das die Musiker alle gewußt. Es werden zwar (fast) ausschließlich
Themen aus der Karriere des legendären Quintets der 50iger und 60iger Jahre
zelebriert, aber Leichenfledderei und Diebstahl wäre das Letzte, was man allen
Beteiligten vorwerfen dürfte. Der Fernsehauftritt im Kölner Subway ist mir noch
in guter Erinnerung; technisch und musikalisch ergiebiger ist jedoch dieser
Mitschnitt aus dem Moonwalker Club. Das Geld für die 52 bzw. 67 Minuten ist gut
angelegt, dafür bekommt man heißen Hardbop, schmachtige Balladen, Musik für die
Beine und die Seele. Eine Empfehlung, ob CD oder LP zu empfehlen ist, verkneife
ich mir: Fast immer bevorzuge ich die LP, aber auf "Autumn leaves"
verzichten müssen, ist schon beinahe Konsumverzicht.
alle Kritiken Dr.Michael Frohne
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